Eine Beobachtung. In der „Global Workforce Studie“ von 2014 wird die kommunikative Führungsfähigkeit und der operative Führungsstil deutscher Chefs mit gerade noch „ausreichend“ bewertet. Die Studie basiert auf der Befragung von 97.000 Personen in 30 Ländern, davon 2.200 in Deutschland.
Motivierte Mitarbeiter sorgen nachweislich für einen besseren Geschäftserfolg, daher ist es für Unternehmen wichtig, sich auch mit den potenziellen Einflussfaktoren für Motivation und Engagement auseinanderzusetzen. Heike Ballhausen, Leiterin des Beratungsbereichs Talent Management & Organizational Alignment bei Towers Watson EMEA schrieb hierzu:
„Nachhaltiges Mitarbeiterengagement wird nicht nur von der Vergütung bestimmt, sondern wird vielmehr durch Faktoren bestimmt, die maßgeblich vom Top-Management beeinflusst werden, wie das Strategie-Verständnis und der Umgang des Unternehmens mit Stress und Arbeitsbelastung … Mitarbeiter fordern heutzutage erlebbare Führung.“
Erlebbare Führung, von der Heike Ballhausen schreibt, ist eine Frage des Führungsstils. Der Begriff Führungsstil bezeichnet ein langfristiges, relativ stabiles, von der Situation unabhängiges Verhaltensmuster der Führungsperson, das zugleich die Grundeinstellung gegenüber den Mitarbeitern und der Organisation in seiner Handlungspraxis zum Ausdruck bringt.
Aber welcher Führungsstil ist nun der richtige? Welcher Führungsstil führt heute Unternehmen und deren Mitarbeiter zum Erfolg? Die Fachliteratur unterscheidet in drei Führungsformen: die tradierenden Führungsstile, die gruppenbezogenen Führungsstile und die relationalen Führungsstile. Hier eine kurze Erklärung der Unterschiede.
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Tradierende Führungsstile
Tradierend bedeutet, ein aus der Überlieferung kommender Ansatz. Der tradierende Führungsstil findet sich vor allem in Organisationen, Institutionen und Unternehmen mit langer Tradition. In der heutigen Führungspraxis ist er in den genannten Reinformen immer seltener vertreten. Hierzu zählen:
Autokratischer Führungsstil
Autokratisch (ohne Mitberücksichtigung der Untergebenen). Der Autokrat besitzt eine nahezu unbegrenzte Machtfülle und bedient sich eines streng gegliederten Führungsapparates. Der Untergebene ist zu unbedingtem Gehorsam verpflichtet. Der Autokratie fehlen die Wärme des Patriarchats und die Begeisterung des Charismas. Dieser Führungsstil wird auch als autoritärer Führungsstil bezeichnet.
Patriarchalischer Führungsstil
Das Leitbild des patriarchalischen Führungsstils ist die Autorität und die Güte des „Vaters in der Familie“. Die Untergebenen haben jederzeit Zugang zum Patriarchen und sind ihm zu Gehorsam verpflichtet. Der Herrschaftsanspruch des Patriarchen wird mit seinem Alters-, Wissens- und Erfahrungsvorsprung begründet, Konkurrenz hat er nicht zu befürchten.
Charismatischer Führungsstil
„Charisma“ bedeutet „Gnadengabe“, d. h. die als göttliche Fügung empfundene Fähigkeit, andere Menschen durch Ausstrahlungskraft zu führen. Von den Geführten kann jedes Opfer verlangt werden, ohne dass der Vorgesetzte ihnen gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet wäre. Die Mitarbeiter werden somit vom Vorgesetzten abhängig. Führen nach Gehorsam, allerdings eher wie ein väterlicher Befehl.
Bürokratischer Führungsstil
Dieser Führungsstil betont das Reglement bzw. bürokratische Instanzen und Dienststellen-Befugnisse. Präzise Beschreibungen der Stellenbefugnisse und Verwaltungsabläufe sind typisch. Hier sind Führungskräfte mehr Verwalter als Gestalter. Risikovermeidung und Absicherungsdenken sind handlungsprägend. Eine beherrschende Führungspersönlichkeit gibt es hier nicht.
Gruppenorientierte Führungsstile
Dieser Führungsstil richtet sich nach den einzelnen Gruppenmitgliedern bzw. nach der Art der ganzen Gruppe. Jeder Mitarbeiter wird anders behandelt, entsprechend seinem Verhalten und Benehmen, seinem Ansehen, seiner Funktion in der Gruppe. Jede Gruppe ist als Gesamtheit je nach ihrer Gruppenart unterschiedlich zu führen. Folgende Führungsansätze finden sich hier:
Demokratischer Führungsstil / Kooperativer Führungsstil
Der Vorgesetzte bezieht seine Mitarbeiter in das Betriebsgeschehen mit ein. Er erlaubt Diskussionen und erwartet sachliche Unterstützung. Bei Fehlern wird in der Regel nicht bestraft, sondern geholfen und korrigiert. Vorteile des kooperativen Führungsstils liegen vor allem in der hohen Motivation der Mitarbeiter durch Entfaltung der Kreativität, Förderung der Leistungsfähigkeit und höhere Selbstständigkeit. Das führt zu einer Entlastung des Vorgesetzten und daher zu einer Reduzierung des Risikos einer Fehlentscheidung für das Unternehmen.
Partizipativer Führungsstil
Beim partizipativen Führungsstil bezieht die Führungskraft ihre Mitarbeiter in das Geschehen ein. Das hat die Vorteile, dass die Geführten motiviert sind und bei der Arbeit mehr Selbstständigkeit zeigen. Nachteilig ist, dass die Entscheidungsgeschwindigkeit eventuell durch längere Sachdiskussionen verzögert wird.
Relationale Führungsstile
Laut Mollie Painter-Morland, Nottingham Business School:
„Angesichts der Geschwindigkeit und Komplexität in global aufgestellten Organisationen kommt man mit konventionellen Führungstheorien nicht weit. Die heutigen Führungskräfte müssen sich das Experimentieren zu eigen machen und mit ihren Mitarbeitern interagieren, um spontan neue Visionen und Strategien für ihr Unternehmen zu entwickeln. Anstatt ihre Unternehmen in einer ‚fordernden und kontrollierenden‘ Weise zu führen, sollten sie sich relationale Führungsstile aneignen.“
Zu den relationalen Führungsstilen werden folgende zugeordnet:
Transformaler Führungsstil
Dabei bezeichnet „transformational“ die Tatsache, dass dieser Führungsstil durch vorbildliches Verhalten der Führungskräfte und das Schaffen einer Vertrauensbasis die Motivation und das Verhalten von Mitarbeitern wirksamer verändern (transformieren) kann als traditionelle Methoden der Einflussnahme wie „Druck ausüben“, persönliche Appelle, formaler Austausch (Prämien) oder rationale Überzeugung.
Transaktionaler Führungsstil
Der Begriff transaktionale Führung bezeichnet einen Führungsstil, der auf einem Austauschverhältnis zwischen einer Führungskraft und ihren Mitarbeitern beruht.
Ein Beispiel ist die Zielvereinbarung, in der geregelt ist, welche Erwartungen an den Mitarbeiter gestellt werden, und welche finanziellen oder immateriellen Vorteile (oder Nachteile) ihn erwarten, wenn er die selbstgesteckten oder die gesteckten Anforderungen erfüllt (oder nicht erfüllt).
Sinnorientierter Führungsstil
Ein Ansatz zur Menschenführung, der den Sinn und das Streben des Menschen nach Sinn als Primärmotivation ins Zentrum seiner Führungsphilosophie stellt. Sinnorientierte Führung beschäftigt sich mit der Frage, was Menschen wirklich benötigen, um im Leben, im Leisten, im Wirken ein sinnorientiertes Gelingen zu erfahren. Es geht hier um Sinn- und Werteorientierung im Arbeiten, in der Art, wie sich die Beziehungen gestalten und ob das Unternehmensziel sinnvoll ist.
Dienender Führungsstil
Robert Greenleaf gab seine Gedanken hierzu in einem kleinen Aufsatz unter dem Titel „The Servant as Leader“ weiter: „Der dienende Leiter ist in erster Linie ein Diener. Dienende Führung beginnt mit dem Wunsch, dienen zu wollen. Der beste Test für dienende Leitung ist: Wachsen jene, denen man dient, als Persönlichkeit? Werden sie gesünder, weiser, freier, selbstverantwortlicher, selbst zu Dienern? Dienende Leiterschaft ermutigt zur Zusammenarbeit, zum Vertrauen, zur Voraussicht, zum Zuhören und zum ethischen Gebrauch von Macht“.
Situativer Führungsstil
Eine Besonderheit ist der situative Führungsstil. Abhängig von der Führungssituation zwischen Vorgesetztem, Mitarbeiter und der jeweiligen Situation. Je nach Notwendigkeit wird in der situativen Führung auf die Werkzeuge und Möglichkeiten der bekannten Führungsstile zurückgegriffen. Der situative Führungsstil wird in der Fachliteratur als Führungsstil der Zukunft angesehen. Ein situativer Führungsstil erfordert Persönlichkeit und Reife.
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Autor
Mathias Hühnerbein
Mathias Hühnerbein ist als akkreditierter Lehrtrainer und Ausbilder im proCEO Institut für die Ausbildung in den Bereichen Coaching und Supervision verantwortlich.
Mit über 16.000 Stunden Beratungserfahrung arbeitet Mathias als freiberuflicher Coach, Master-Coach, Lehr-Coach, Supervisor, Lehr-Supervisor, Resilienzberater und Trainer mit Fach- und Führungskräften, Teams und Organisationen.
Außerdem war Mathias Hühnerbein als Honorardozent an der OHM Professional School in Nürnberg tätig.